Heute geht es um "Larvik bei Mondlicht" von Johan Christian Dahl. Es erinnert mich immer an meine erste Reise nach Norwegen, woher Dahl ursprünglich auch stammte. Gelebt hat der Maler allerdings den längsten Teil seines Lebens in Dresden, wo er Caspar David Friedrich (ja, von dem habe ich auch bereits zwei Bilder zuhause!) kennenlernte. Die Freundschaft der beiden Maler wird auch durch das Werk Dahls deutlich: Er studierte intensiv den Himmel, die Veränderungen und Bewegung der Wolken und das Licht bei Mondschein. „Larvik bei Mondschein“ ist ein Bild, das zu einem großen Teil aus dem Nachthimmel über der Hafenstadt besteht. Der helle Mondschein spiegelt sich auch im Meer wieder, das ruhig liegt und auf dem sich einige Segelschiffe befinden. Sehe ich das Bild an, erkenne ich mich selbst als einen der Betrachter wieder, wie sie staunend auf den Anhöhen stehen und auf das Naturschauspiel blicken. Die ruhige und friedliche Atmosphäre zieht mich immer wieder in die Szenerie und lädt mich zum Träumen ein.
Dahls Fähigkeit, das ruhige Meer und die vorbeiziehenden Wolken so detailliert wiederzugeben, sind nicht verwunderlich. Der junge Dahl studierte in Kopenhagen und in Dresden, wo er Kontakt zu vielen einflussreichen Malern seiner Zeit hatte. Das besondere Gespür für die Natur hatte er aber sicherlich, da er als Sohn eines Fischers und Fährmanns geboren wurde und dem Meer so immer nah war. Als Landschaftsmaler bildete er immer wieder den Himmel und das Wasser ab, so nicht nur bei seinen Meeresbildern aus Norwegen. Eines seiner Motive war auch die Elbe in Dresden, in deren Nähe er viele Jahre lang lebte.
Obwohl das Bild „Larvik im Mondschein“ wunderschön und verträumt ist, ist es absolut real. Im Gegensatz zu anderen Romantikern war Dahl ein Maler, der keine fantastischen Elemente oder gar Aussagen in seine Bilder einwob. Ich finde es toll, dass er den Zauber der Landschaft einfing und gleichzeitig die realen Gegebenheiten des damaligen Lebens in Norwegen abbildete: Die Hafengebäude und die Kirche wirken unbewohnt in der nächtlichen Stille. Am Ufer sind aber noch einige Menschen unterwegs. Einige Fischer befinden sich im seichten Wasser. Andere sind gerade dabei, mit einem Boot zu einem der Segelschiffe zu fahren. Die Holzstämme am Ufer liegen bereit zum Abtransport – vielleicht wurden sie zu einem der Holzhäuser verarbeitet, die ich viele Jahre später in Norwegen betrat.
Es nicht verwunderlich, dass Dahl heute als einer der größten norwegischen Maler und einer der bedeutendsten Romantiker überhaupt gilt. Sein Gespür für die Abbildung der einzigartigen, rauen und wilden Landschaft Norwegens wussten schon seine Zeitgenossen zu schätzen. Als Landschaftsmaler und Naturalist verbrachte er viele Stunden mit dem Skizzieren in der freien Natur. Wer schon einmal einen norwegischen Berg bestiegen hat und wem der kalte Wind entgegenkam, weiß, welche Strapazen Dahl für seine Bilder auf sich genommen haben muss. Bewundernswert finde ich, dass den Bildern das kaum anzumerken ist: Ob es nun die Details der Gebäude, die feine Gischt auf dem Meer oder die Blätter der Bäume sind – hier ist jeder Strich wohlüberlegt gesetzt. Die naturgetreue und stimmungsvolle Abbildung des Hafens ist für mich so schöner, als jedes Foto, das heute von der Ansicht gemacht werden kann.
Aufgehängt habe ich diese wunderschöne Reproduktion im Vorzimmer, wo es etwas dunkler ist, damit das Bild seine dunklere und mystische Stimmung entfalten kann.
Comments